Der Urlaub soll die schönste Zeit des Jahres sein. Umso ärgerlicher ist es, wenn ein Flug kurzfristig abgesagt wird. Neben einer Entschädigung für die Annullierung stehen Reisenden weitere Ansprüche zu. Grundlage für alle Rechte von Passagieren bei Verspätung oder Ausfall von Flügen ist die Verordnung Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.02.2004. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus dieser Verordnung ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft. So gilt dies nur für Flüge, welche aus einem EU-Land heraus oder für Flüge, welche mit einer Fluglinie der Europäischen Union stattfinden.
Kommt es zu einer Annullierung, stehen Passagieren verschiedene Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen zu. Neben einer Ersatzbeförderung und der Erstattung des Flugpreises kann es auch eine pauschale Ausgleichszahlung geben. Die Ansprüche richten sich danach, zu welchem Zeitpunkt die Passagiere über den Flugausfall unterrichtet wurden.
Ausgleichsleistungen bei Flugannullierung
1. Flugannullierung mehr als 14 Tage vor Abflug
Wird ein Flug mehr als 14 Tage vor dem geplanten Abflug von der Airline storniert, besteht kein Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichsleistung.
2. Annullierung zwischen 7 und 14 Tagen
Wird ein Flug weniger als 14 Tage vor Abflug annulliert, können Passagiere je nach Flugstrecke eine pauschale Ausgleichszahlung verlangen.
- Die Ausgleichszahlung beträgt bei allen Flügen über eine Entfernung bis 1500 km 250 Euro (Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Fluggastrechte-VO).
- Bei allen innergemeinschaftlichen Flügen von mehr als 1500 km Entfernung und bei allen anderen Flügen mit einer Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km beträgt die Ausgleichszahlung 400 Euro (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Fluggastrechte-VO).
- Eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 EUR kann bei allen anderen Flügen gefordert werden.
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass ein Flug auch dann als annulliert anzusehen ist, wenn er um mehr als eine Stunde vorverlegt wird (EuGH-Urteil vom 21.12.2021, C-146/20).
Die Airline muss aber nicht in jedem Fall die Ausgleichsleistung zahlen. So ist es je nach Zeitpunkt der Annullierung und den Zeiten der angebotenen Ersatzbeförderung möglich, dass der Anspruch halbiert wird oder sogar entfallen kann. Die Regelungen sind etwas unübersichtlich.
Bietet die Airline eine Ersatzbeförderung an, welche höchstens zwei Stunden früher abfliegt und maximal vier Stunden später ankommt, dann entfällt der Anspruch auf Ausgleichszahlung.
Ansonsten kann gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung der Anspruch halbiert werden, wenn bei Flügen nach
- das Ziel mit nicht mehr als zwei Stunden und bei Flügen nach
- das Endziel nicht später als drei Stunden erreicht wird. Bei allen anderen Flügen nach
- erfolgt diese Kürzung dann, wenn das Ziel nicht später als vier Stunden erreicht wird.
3. Annullierung weniger als 7 Tage vor Abflug
Bei einer Flugannullierung weniger als 7 Tage vor Abflug beträgt die zu leistende Ausgleichszahlung ebenfalls zwischen 250 und 600 Euro, analog der Annullierung zwischen 7 und 14 Tagen.
Wie in den anderen Fällen auch, kann der Zahlungsanspruch entfallen oder halbiert werden.
Wird eine Ersatzbeförderung angeboten, welche nicht mehr als eine Stunde vor der planmäßigen Abflugzeit abfliegt und ihr Endziel höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit erreicht, entfällt die Ausgleichszahlung.
Auch hier kann eine Halbierung erfolgen, wenn sich der Alternativflug um nicht mehr als zwei, drei oder vier Stunden, je nach Entfernung, am Zielort verspätet.
4. Außergewöhnliche Umstände
Die pauschale Entschädigung bei einer Flugannullierung kann von der Fluggesellschaft verweigert werden, wenn ein sogenannter „außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt. Solche Umstände können vielfältig sein:
- Wetterbedingungen: Unwetter, die den Flugbetrieb einstellen, können eine Flugannullierung rechtfertigen.
- Politische Ereignisse: Ereignisse wie Krieg oder Terrorismus, die einen Flug unmöglich machen, können ebenfalls als außergewöhnliche Umstände gelten.
- Naturkatastrophen: Erdbeben, Vulkanausbrüche oder andere Naturkatastrophen, die die Durchführung des Fluges verhindern, können eine Flugannullierung begründen.
- Streik: Streiks von Fluglotsen oder des Personals anderer Fluggesellschaften können zu Flugannullierungen führen und als außergewöhnliche Umstände gelten.
Erfahrungsgemäß versuchen Fluggesellschaften häufig, sich vor der Zahlung einer Entschädigung zu drücken, indem sie behaupten, ein außergewöhnlicher Umstand habe vorgelegen. Es reicht jedoch nicht aus, dies einfach zu behaupten. Oft werden unbestimmte Rechtsbegriffe wie „schlechte Wetterbedingungen“, „unvorhergesehener Notfall“ oder „technische Störungen“ verwendet, um eine Flugannullierung zu rechtfertigen. In den seltensten Fällen kann sich die Fluggesellschaft jedoch tatsächlich von der Zahlungspflicht befreien.
Die Fluggesellschaft ist verpflichtet, außergewöhnliche Umstände ausführlich darzulegen und im Zweifelsfall nachzuweisen. Allein schlechtes Wetter reicht hierfür nicht aus. Erst wenn es beispielsweise zur Schließung des Rollfelds oder zur Umleitung eines Fluges führt, kann es ausnahmsweise als Begründung für einen Flugausfall gelten. Zudem muss die Airline stets belegen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Annullierung zu vermeiden.
Umbuchung und Erstattung bei Flugausfall
In allen Fällen besteht gemäß Artikel 5 Absatz 1a der Fluggastrechte-VO entweder ein Anspruch auf vollständige Erstattung der Ticketkosten oder wahlweise auf Ersatzbeförderung. Das bezieht sich nicht nur auf eine Ersatzbeförderung zum Endziel zum frühestmöglichen Zeitpunkt, sondern gemäß Artikel 8 Absatz 1c auch auf einen späteren Zeitpunkt nach Wahl. Fällt wegen der Annullierung der Wochenendtrip aus, dann kann man diesen auf ein beliebiges Wochenende verschieben, zum ursprünglichen Flugdatum muss kein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Die einzige Voraussetzung ist, dass es noch freie Plätze zum Wunschtermin gibt. Zusätzliche Kapazitäten muss die Fluggesellschaft nicht schaffen.
Wichtig zu wissen: das Luftfahrtunternehmen kann sich im Fall der Ersatzbeförderung nicht auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen! Auf Wunsch ist eine Ersatzbeförderung immer zu gewähren.
Betreuungsleistungen
In jedem Fall haben Fluggäste, je nach Wartezeit, einen Anspruch auf Betreuungsleistungen. Dazu gehören Mahlzeiten und Erfrischungen und bei Aufenthalt über Nacht die Unterbringung in einem Hotel einschließlich des nötigen Transfers. Zudem stehen den Reisenden zwei unentgeltliche Telefongespräche oder die Möglichkeit E-Mails zu versenden zu. Oft werden Verzehrgutscheine angeboten, womit Passagiere selbst entscheiden können, welche gastronomischen Angebote sie nutzen möchten.
Bei Kurzstreckenflügen bis zu 1500 km Länge sind diese Leistungen ab einer Verspätung von zwei Stunden anzubieten. Auf Mittelstreckenflügen zwischen 1500 km und 3500 km besteht ab einer Verspätung von 3 Stunden dieser Anspruch. Beträgt die Verspätung mehr als 4 Stunden, dann sind diese Unterstützungsleistungen auch für alle Flüge über 3500 km zu gewähren.
Erfüllt die Fluggesellschaft ihre Verpflichtungen nicht, sollte sie zunächst zur Erbringung der Leistungen aufgefordert werden. Reagiert sie nicht darauf, kann man selbst ein Hotel buchen und die Kosten für Unterkunft, Transfer sowie zusätzliche Ausgaben für Mahlzeiten als Schadenersatz einfordern.
Auch hier gilt: die Leistungen sind immer zu gewähren, auch wenn ein außergewöhnlicher Umstand die Ursache für die Annullierung des Fluges war.
Fazit
Ein Flugausfall ist für Reisende sehr ärgerlich, doch die EU-Fluggastrechte-Verordnung sichert ihnen verschiedene Ansprüche zu. Abhängig vom Zeitpunkt der Annullierung stehen Passagieren unterschiedliche Leistungen wie Ersatzbeförderung, Kostenerstattung, Entschädigungszahlungen und Betreuungsleistungen. Welche Entschädigung bei Flugausfall im konkreten Fall geleistet werden muss, sollte daher stets geprüft und gegebenenfalls durch einen Anwalt für Reiserecht eingefordert werden.