Es ist ein furchtbares Erlebnis, in einen Verkehrsunfall verwickelt zu sein. Entstehen nur Sachschäden, können diese meist ersetzt werden. Tragisch ist es, wenn durch einen Verkehrsunfall Menschen verletzt, oder sogar getötet werden. Im folgenden Text wird aufgezeigt, welche Ersatzansprüche vom Unfallgegner, bzw. dessen Versicherer, bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden verlangt werden können. In einem weiteren Blogbeitrag können Sie nachlesen, welche Ersatzansprüche für ein beschädigtes Auto gefordert werden können.
Schmerzensgeld bei Personenschaden
In § 253 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass wegen der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eine Geldentschädigung gefordert werden kann. Durch das Schmerzensgeld soll der Verletzte in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten anstelle dessen zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde.
Neben diesem Ausgleichsgedanken tritt die sogenannte Genugtuungsfunktion hinzu. Damit dient das Schmerzensgeld nicht nur der reinen Wiederherstellung, sondern hat auch strafenden Charakter. Wie bei jeder anderen Schadensposition auch, trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast. Der Geschädigte muss also darlegen, dass eine bestimmte Verletzung auch unfallursächlich ist. Das kann dann kompliziert werden, wenn Vorerkrankungen vorhanden sind. Es beginnt damit, dass man Befundberichte von Krankenhausaufenthalten, den behandelnden Ärzten, oder einen Reha-Entlassungsbericht vorlegen sollte. In vielen Fällen werden auch vom gegnerischen Haftpflichtversicherer auf Wunsch Arztberichte eingeholt. Vorher ist vom Geschädigten eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung zu unterzeichnen.
Ist die Heilbehandlung abgeschlossen, können der beauftragte Rechtsanwalt oder die beauftragte Rechtsanwältin eine Bezifferung eines angemessenen Geldbetrages vornehmen. Dauert die Heilbehandlung sehr lange, ist es üblich, Vorschüsse auf das zu erwartende Schmerzensgeld zu fordern. Es gibt keine gesetzliche Festlegung, für welche Erkrankung oder Verletzung welcher Geldbetrag angemessen wäre. Das hängt immer von den Besonderheiten des Einzelfalles ab. Die Schwere der erlittenen Verletzungen, Umfang und Dauer der Heilbehandlung, und natürlich etwaige verbliebene Dauerschäden spielen eine entscheidende Rolle.
Eine Hilfe bei der Bezifferung sind Schmerzensgeldtabellen. Dabei handelt es sich um eine Sammlung von Urteilen, in denen verschiedenste Gerichte zu allen erdenklichen Verletzungen den Opfern Schmerzensgeld zugesprochen haben. Die bekannteste Tabelle ist von Hacks/Wellner/Klein/Kohake, welche inzwischen in der 43. Auflage erschienen ist. Diese Tabellen zu Schmerzensgeld bei Personenschaden liefern Anhaltspunkte und Argumente für eine individuelle Bestimmung eines Ausgleichsbetrages. Gerade bei schweren Fällen von Personenschaden sind solche Referenzen entscheidend, um eine angemessene Entschädigung zu erzielen.
Ein Schmerzensgeldanspruch entfällt nur bei sogenannten Bagatellverletzungen. Hierunter fallen leichte Kratzer oder ganz leichte Prellungen. Strittig ist immer noch das HWS Syndrom I. Grades, ein leichtes Beschleunigungstrauma, welches nach Auffahrunfällen auftreten kann. Versicherer vertreten dann gelegentlich die Meinung, dass die vom Geschädigten geschilderten Beschwerden niemals die Ursache in dem angeblich so leichten Unfall haben könnte.
Grundsätzlich ist das Schmerzensgeld auch bei schweren Dauerschäden durch eine Einmalzahlung abzugelten. Nur in Ausnahmefällen kann eine Schmerzensgeldrente gewährt werden.
Schmerzensgeldansprüche sind vererbbar. Es ist daher immer zu prüfen, ob der bei einem Unfall Getötete noch selbst einen Schmerzensgeldanspruch erworben hat.
Wird eine Person unverschuldet bei einem Verkehrsunfall verletzt, dann sollte die Geltendmachung von Schmerzensgeld in jedem Fall mit anwaltlicher Hilfe erfolgen. Die dafür notwendigen Anwaltskosten trägt der gegnerische Versicherer.
Verdienstausfall
Als Verdienstausfall oder Erwerbsschaden bezeichnet man alle Schäden, die aus dem unfallbedingten Arbeitsausfall resultieren. Arbeitnehmer haben für die Dauer von sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegen den Arbeitgeber. Hier kommt lediglich eine Geltendmachung von ausgefallenen Überstunden in Betracht, da diese nicht in die Lohnfortzahlung mit einfließen. Nach Ablauf des Fortzahlungszeitraumes erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenversicherung. Dieses beträgt höchstens 90 % des Nettoeinkommens. Der zu ersetzende Schaden besteht in der Differenz zwischen dem gezahlten Krankengeld und dem letzten Arbeitslohn.
Die Berechnung des Verdienstausfallschadens ist bei Selbständigen kompliziert. Die Einbußen während eines unfallbedingten Arbeitsausfalles müssen konkret beziffert werden. Das erfolgt entweder durch den Nachweis konkret entgangener Geschäfte oder der Bezifferung der Gewinnminderung. Häufig lässt sich dieser Nachweis nur mit Hilfe von Steuerberatern führen. Leichter ist in diesem Fall die Bezifferung einer eingestellten Ersatzkraft.
Kompliziert wird es bei Kindern, Schülern und Auszubildenden, denn denen kann bei dauerhaften Beeinträchtigungen nach einem schweren Verkehrsunfall mit Personenschaden ein lebenslanger Verdienstausfall entstehen. Hier muss eine Prognose der voraussichtlichen Gehaltsentwicklungen erfolgen und regelmäßig angepasst werden. Erfolgt durch den Unfall nur ein Ausfall von ein oder zwei Schuljahren, kann der Schaden im verspäteten Eintritt in das Berufsleben bestehen. Ansprüche können immer erst ab dem Zeitpunkt geltend gemacht werden, zu welchem sie angefallen wären. Zukünftige Ansprüche müssen deshalb entsprechend gesichert werden. Das erfolgt durch ein Anerkenntnis des Versicherers oder in Streitfällen durch ein gerichtliches Feststellungsurteil.

Heilbehandlungskosten
Bei einem Personenschaden sind sämtliche Arzt- und Behandlungskosten ersatzfähig, die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Gesundheitszustandes erforderlich sind. Aufgrund des in Deutschland bestehenden Sozialversicherungssystems werden die meisten Heilbehandlungskosten durch die gesetzlichen oder privaten Krankenversicherer übernommen. Es verbleiben beim Geschädigten jedoch Teilbeträge, die ermittelt und geltend gemacht werden müssen. Dazu zählen u. a.
- Eigenanteil für Zahnbehandlung, Brille, Krankentransport, Medikamente
- Verordnete Kuraufenthalte, die der Sozialversicherungsträger nicht bezahlt
- Auslandsbehandlungskosten, die medizinisch erforderlich sind
- Kosten für kosmetische Narbenbehandlung
- Kosten für ein Muskelaufbautraining
- Fahrtkosten zu ärztlichen Behandlungen oder zur Physiotherapie
Grundsätzlich sind die geltend gemachten Heilbehandlungskosten am Gebot der Erforderlichkeit festzumachen. Ein ansonsten gesetzlich Versicherter kann aber dann privatärztliche Behandlungen in Anspruch nehmen, wenn die gesetzliche Versicherung nur unzureichende Möglichkeiten bietet. Während eines Krankenhausaufenthaltes muss sich der Geschädigte ersparte Aufwendungen entgegenhalten lassen.
Haushaltsführungsschaden
Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Erwerbsschaden und zwar für den nicht berufsmäßigen, aber verletzungsbedingten Ausfall an der Hausarbeit. Einem Geschädigten, der seinen Haushalt nicht, oder nur eingeschränkt führen kann, steht dafür eine Geldentschädigung zu. Die Haushaltsführung stellt eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 842 BGB dar.
Es kommt für die Berechnung allein darauf an, in welchem Umfang vor dem Unfall tatsächlich Arbeitsleistungen im Haushalt erbracht wurden. Die Ermittlung des konkreten Ausfalls ist mit erheblichen Problemen verbunden. Gegenüber dem Versicherer muss ganz konkret dargelegt werden, welche üblichen Haushalttätigkeiten verletzungsbedingt nicht erbracht werden konnten. Da jeder Haushalt individuell ist, hängt der Ausfall von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem die Größe der Wohnung, die Anzahl der zu versorgenden Personen, die Ausstattung mit modernen Haushaltgeräten, aber auch, ob ein Garten zu versorgen ist, oder ein angrenzender Gehweg gereinigt werden muss.
Die Höhe des Haushaltsführungsschadens bemisst sich nach den Kosten für eine gleichwertige Ersatzkraft. Wird eine solche eingestellt, können die konkreten Kosten (Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge) geltend gemacht werden. In den meisten Fällen wird der eigene Ausfall von Familienmitgliedern, Freunden oder Nachbarn kompensiert, dann wird ein fiktiver Nettolohn zugrunde gelegt
Folgende Formel ist dann schematisch anzuwenden:
Erforderlicher Zeitaufwand x prozentualer Grad der Behinderung x Nettostundensatz.
Es empfiehlt sich, den Anspruch mit anwaltlicher Hilfe zu beziffern. Die dafür anfallenden Kosten trägt der gegnerische Versicherer.
Vermehrte Bedürfnisse
Liegen dauernde Beeinträchtigungen vor und machen diese einen weiteren Ausgleich notwendig, handelt es sich um vermehrte Bedürfnisse, die nach § 843 BGB zu ersetzen sind. In Betracht kommen:
- Ausgaben für eine bessere Verpflegung
- Erneuerung dauerhaft erforderlicher künstlicher Gliedmaßen
- Aufwendungen für Pflegepersonal
- Orthopädische Schuhe
- Mehraufwendungen für eine andere Wohnung
- Erhöhte Ausbildungskosten
Bei einem Dauerpflegefall besteht ein Anspruch auf Ausgleich des Pflegeaufwandes, auch wenn diese von nahen Angehörigen erbracht werden. Eine fiktive Abrechnung der vermehrten Bedürfnisse ist möglich.
Ersatzansprüche bei Tötung
Das Schadenersatzrecht geht davon aus, dass ausschließlich diejenigen Schäden auszugleichen sind, die unmittelbar bei der Person des Geschädigten eintreten. Etwas anderes gilt nach § 844 BGB für die durch Tötung einer Person bei Dritten verursachten Schäden.
- Beerdigungskosten § 844 I BGB
Sämtliche Kosten einer standesgemäßen Beerdigung sind zu ersetzen. Orientiert wird sich an den individuellen Verhältnissen des Getöteten und kann daher unterschiedlich beurteilt werden. - Unterhaltsschaden § 844 II BGB
War der Getötete gegenüber Kindern oder dem Ehepartner gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet, hat der Schädiger diese Verpflichtung zu übernehmen. Die Verpflichtung bleibt so lange, wie sie für den Getöteten bestanden hätte. Maßstab ist das, was nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften den Angehörigen an Ehegatten- oder Kindesunterhalt zusteht. - Haushaltsführungsschaden
Ebenso wie bei verletzten Personen steht den Hinterbliebenen ein Haushaltsführungsschaden zu. Dadurch wird der Wegfall des Naturalunterhaltes und der Mithilfe im Haushalt kompensiert. Es handelt sich um eigene Ansprüche der Unterhaltsberechtigten nach § 844 Abs. 2 BGB. - Angehörigenschmerzensgeld
Angehörige eines Getöteten haben nur in Ausnahmefällen einen eigenen Anspruch auf Schmerzensgeld. Wenn diese aber zu einer schweren seelischen Erschütterung führen, dann handelt es sich um einen sogenannten Schockschaden. Wenn dieser Krankheitswert erreicht, steht dem Angehörigen ein eigenes Schmerzensgeld zu. Eine solche außergewöhnliche Beeinträchtigung kann durch das Miterleben oder den Anblick des Unfalls, oder durch die Todesnachricht eintreten. - Hinterbliebenengeld
Im Jahr 2017 wurde das Hinterbliebenengeld in § 844 Absatz 3 BGB neu eingeführt. Die Hinterbliebenen, die mit dem Getöteten in einem besonderen Näheverhältnis standen, sollen für das zugefügte seelische Leid angemessen entschädigt werden. Eine besondere seelische Erschütterung wie beim Schmerzensgeld ist nicht nötig. Die Höhe des Betrages richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und sollte mit anwaltlicher Hilfe durchgesetzt werden.
Fazit
Ein Verkehrsunfall mit Personenschaden stellt Betroffene vor immense physische und psychische Herausforderungen. Die richtige Durchsetzung von Ansprüchen bei einem Personenschaden erfordert daher kompetente juristische Unterstützung. Die Geltendmachung von Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Heilbehandlungskosten sowie Ansprüchen bei dauerhaften Beeinträchtigungen oder im Todesfall erfordert fundierte rechtliche Expertise im Verkehrsrecht. Jeder Fall ist einzigartig – ob Vorerkrankungen, komplexe Schadensberechnungen bei Selbstständigen oder die Durchsetzung von Ansprüchen für Hinterbliebene. Versicherer versuchen oft, die Entschädigung zu minimieren, insbesondere bei Bagatellverletzungen wie dem HWS-Syndrom.
Als erfahrene Kanzlei für Verkehrsrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Ansprüche auf Schmerzensgeld, Erwerbsausfall und weitere Schadenspositionen vollumfänglich durchzusetzen. Die Kosten für unsere anwaltliche Hilfe trägt der gegnerische Versicherer – ein Risiko für Sie besteht nicht. Lassen Sie sich nicht mit unzureichenden Angeboten abspeisen. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, damit Sie gerecht entschädigt werden.