Führerschein auf Probe: Wann es zu Verlängerung oder Entzug der Fahrerlaubnis kommt

Gemäß § 2a des Straßenverkehrsgesetzes wird beim erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis diese nur auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt zwei Jahre und beginnt mit der Erteilung, das ist in der Regel die Aushändigung des Führerscheins. Hier kann übrigens nachgelesen werden, worin der Unterschied zwischen Fahrerlaubnis und Führerschein liegt. Die Probezeit für den Führerschein hat nichts mit dem Alter des Fahrerlaubnisinhabers zu tun. Der Führerschein auf Probe wird einem 17-Jährigen Fahranfänger, welcher am begleiteten Fahren teilnimmt, genauso erteilt wie einem älteren Fahranfänger.

Sofern sich der Fahrerlaubnisinhaber während der Probezeit nichts zu Schulden kommen lässt, endet diese automatisch.

Verkehrsverstöße während der Probezeit

Problematisch wird es dann, wenn innerhalb der Probezeit für den Führerschein eine Ordnungswidrigkeit oder eine Verkehrsstraftat begangen wird. Dabei unterscheidet das Gesetz zwischen schwerwiegenden Zuwiderhandlungen, sogenannten A-Verstößen, und weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen, sogenannten B-Verstößen. Die Einzelheiten sind in der Anlage 12 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) genau geregelt.

Zu den schwerwiegenden Straftaten gehören zum Beispiel immer: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGBFahrerflucht“), Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB), Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB), Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), Verbotenes Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB), aber auch das Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21 StVG.

Eine weniger schwerwiegende Straftat stellt dagegen der Kennzeichenmissbrauch nach § 22 des Straßenverkehrsgesetzes dar.

Zu den schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten gehören zum Beispiel der Rotlichtverstoß, alle Geschwindigeitsüberschreitungen ab 21 km/h, die Nichteinhaltung des erforderlichen Abstandes, die Benutzung eines elektronischen Gerätes (Handyverbot), aber auch Vorfahrtsverstöße oder die Nichteinhaltung einer Rettungsgasse auf der Autobahn.

Zu den weniger schwerwiegenden Zuwiderhandlungen gelten solche Verstöße, welche sich nicht so stark auf die Verkehrssicherheit auswirken. Dazu gehören zum Beispiel die Überschreitung der Zeit für die Hauptuntersuchung, der Transport eines Kindes ohne geeigneten Sitz oder abgefahrene Reifen.

Werden während der Probezeit ein A-Verstoß oder zwei B-Verstöße begangen, dann werden gegen den Fahrerlaubnisinhaber in drei Stufen Maßnahmen verhängt.

1. Stufe

Die Fahrerlaubnisbehörde ordnet die Teilnahme an einem Aufbauseminar an und setzt dafür eine Frist. Gleichzeitig verlängert sich die Probezeit um zwei weitere Jahre.

Kommt der Fahrerlaubnisinhaber dieser Aufforderung nicht innerhalb der Frist nach, so wird die Fahrerlaubnis entzogen! Es handelt sich dabei um eine zwingende Rechtsfolge, der Fahrerlaubnisbehörde steht dabei keinerlei Ermessen zu.

2. Stufe

Erfolgt nach der Teilnahme an einem Aufbauseminar ein weiterer schwerwiegender Verstoß oder werden zwei weniger schwerwiegende Verstöße begangen, erteilt die Fahrerlaubnisbehörde eine schriftliche Verwarnung. Dem Inhaber des Führerschein auf Probe wird nahegelegt, innerhalb von zwei Monaten an einer verkehrspsychologischen Beratung teilzunehmen.

Es handelt sich nicht um eine Pflicht zur Teilnahme, wobei aber anwaltlich ausdrücklich dazu geraten wird, da weitere Verkehrsverstöße in jedem Fall ausgeschlossen werden sollten.

3. Stufe

Begeht der Inhaber der Fahrerlaubnis auf Probe nach Ablauf der zweimonatigen Frist nach Stufe 2 einen weiteren A-Verstoß oder zwei weitere B-Verstöße, dann ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen. Auch hier steht der Behörde kein Ermessenspielraum zu. Die Fahrerlaubnis ist dann weg!

Fahranfänger mit Handy am Steuer

Überprüfung und Unterstützung durch unsere Kanzlei

In jedem Fall sollte es vermieden werden, innerhalb der Probezeit einen Verkehrsverstoß zu begehen. Schnell kann es aber passieren, dass man ein Verkehrsschild übersieht oder die Strecke zur Ampel falsch einschätzt. Ehe man sich versieht, wird der Blitzer eines Messgerätes ausgelöst.

Es bietet sich an, dass zuallererst die vorgeworfene Ordnungswidrigkeit umfassend durch einen Anwalt überprüft wird! Denn es gilt, dass nur rechtskräftige Verkehrsverstöße in das Fahreignungsregister eingetragen werden. Nur die dort erfassten Delikte können der Fahrerlaubnisbehörde bekannt werden. Gelingt es, dass ein Rotlichtverstoß oder eine Geschwindigkeitsübertretung eingestellt werden, dann gibt es keinerlei Probleme mit dem Führerschein auf Probe. Genauso verhält es sich bei Verkehrsstraftaten. Führt eine kluge Verteidigung zu einer Einstellung des Verfahrens, wird gleichzeitig die Fahrerlaubnis gerettet.

Unbedingt ist Folgendes zu beachten: In einem Bußgeldbescheid oder in einem Strafbefehl werden niemals Probezeitmaßnahmen nach den drei Stufen des Straßenverkehrsgesetzes getroffen! Die Bußgeldstelle weiß nicht einmal, ob der Betroffene überhaupt einen Führerschein auf Probe hat. Sie verhängt nur Bußgelder, und in bestimmten Fällen auch Fahrverbote. Das Strafgericht sanktioniert nur die Straftat selbst. Nicht selten höre ich von Fahranfängern, dass im Bußgeldbescheid glücklicherweise nur ein Bußgeld und ein Punkt verhängt wurde, aber nichts zum Aufbauseminar oder zur Verlängerung Probezeit für den Führerschein steht. Beides steht niemals in einem Bußgeldbescheid!  Erst wenn der Bescheid rechtskräftig geworden ist, kann die Fahrerlaubnisbehörde (nicht die Bußgeldstelle) die oben genannten Maßnahmen ergreifen.

Es gilt also, rechtskräftige Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu vermeiden.

Wiedererteilung nach Entzug der Fahrerlaubnis

Wurde die Fahrerlaubnis entzogen, weil der Anordnung zur Teilnahme an einem Aufbauseminar nicht nachgekommen wurde, so kann eine Wiedererteilung der Fahrerlaubnis erst dann erfolgen, wenn ein Aufbauseminar tatsächlich absolviert wurde. Es empfiehlt sich daher immer, innerhalb der Frist das Seminar zu besuchen.

Kann die Frist aus wichtigen Gründen nicht eingehalten werden, dann kann auch der freiwillige, vorübergehende Verzicht auf die Fahrerlaubnis eine Option sein.

Wird nach einer Wiedererteilung während der Restlaufzeit der Probezeit wiederum ein schwerwiegender Verstoß oder werden zwei weniger schwerwiegende Verstöße begangen, ist zwingend eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU), auch Idiotentest genannt, zu absolvieren (§ 2a Absatz V Satz 5 StVG). Einen solchen Fall hatte das Oberverwaltungsgericht Münster zu entscheiden. Wird auf den Probeführerschein verzichtet, weil die Frist für das Aufbauseminar nicht eingehalten wurde, dann ist bei einem Wiedererteilungsantrag keine MPU anzuordnen. Das sieht das Gesetz nämlich nicht vor (Beschluß vom 31.8.2022, 16 B 1583/21).

Erfolgte der Fahrerlaubnisentzug aufgrund der dritten Stufe, so darf eine Fahrerlaubnis frühestens drei Monate nach der Wirksamkeit des Entzuges neu erteilt werden. Die Frist beginnt mit der Ablieferung des Führerscheins.

Wird die Fahrerlaubnis neu erteilt, dann beginnt eine neue Probezeit. Deren Umfang umfasst aber nur noch die Restdauer der vorherigen Probezeit. Während dieser neuen Probezeit gelten die oben genannten drei Stufen ausdrücklich nicht mehr. Begeht der Fahrerlaubnisinhaber nochmals eine schwerwiegende oder zwei weniger schwerwiegende Zuwiderhandlungen, dann hat die Behörde die Beibringung einer MPU (Idiotentest) anzuordnen.

Ungeachtet dieser Vorschriften ist zu beachten, dass die Fahrerlaubnisbehörde immer, egal ob eine Probezeit läuft oder nicht, die Fahreignung von Fahrerlaubnisinhabern überwacht. Erweist sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, so ist immer die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das ist zum Beispiel bei Drogenkonsumenten oder Personen mit bestimmten Erkrankungen der Fall.

Fazit

Der Umgang mit dem Führerschein auf Probe erfordert besondere Sorgfalt, da bereits kleinere Verstöße gravierende Folgen haben können. Die rechtlichen Regelungen zur Probezeit sind äußerst komplex – von der Differenzierung zwischen A- und B-Verstößen bis zum dreistufigen Sanktionssystem mit Aufbauseminaren, Verwarnungen und Fahrerlaubnisentzug.

Chancen zur Überprüfung von Verstößen bestehen jedoch in jedem Verfahrensstadium, etwa weil Messungen fehlerhaft sein oder Bußgeldbescheide formelle Mängel enthalten können. Ein rechtzeitiges Einschalten unserer Verkehrsrechtskanzlei ist daher entscheidend! Durch fachkundige Prüfung der Vorwürfe und strategische Verteidigung können wir in vielen Fällen erreichen, dass die Probezeit nicht verlängert wird, Auflagen nicht befolgt werden müssen oder die Fahrerlaubnis erhalten bleibt.

Daher sollten Sie bei jedem Vorwurf während der Probezeit umgehend unsere verkehrsrechtliche Expertise einholen. Wir analysieren Ihren Fall, entwickeln individuelle Verteidigungsstrategien und begleiten Sie durch alle Instanzen. Kontaktieren Sie uns telefonisch unter 0341 9102450 oder schreiben Sie uns über unser Kontaktformular.