Cannabis im Straßenverkehr: Wann Bußgeld, MPU oder Führerscheinentzug drohen

Blogautorin: Rechtsanwältin für Verkehrs- und Reiserecht Cornelia Gürtler
Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Verkehrsrecht

Cornelia Gürtler

Durch das neue KonsumCannabisgesetz (KCanG) wurden der Konsum und der Besitz von Cannabis unter strengen Voraussetzungen liberalisiert. Bislang war die Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss von Cannabis immer eine Ordnungswidrigkeit, oft auch eine Straftat. In vielen Fällen bekamen Konsumenten Probleme mit der Fahrerlaubnisbehörde, da der Konsum von Betäubungsmitteln Einfluss auf die Fahreignung und damit auf die Fahrerlaubnis hat. Es mag für einige Verkehrsteilnehmer ernüchternd klingen, trotz kleiner Anpassungen im Straßenverkehrsrecht hat sich daran gar nicht so viel verändert.

Cannabis wird oft als allgemeiner Begriff für Hanfpflanzen und THC-haltige Produkte verwendet. Ausschlaggebend ist der enthaltene Wirkstoff Tetrahydrocannabiol, kurz als THC bezeichnet.

Alte Rechtslage

Bislang galt, wurde eine Person im Straßenverkehr mit einem THC-Wert von über einem Nanogramm pro Milliliter Blutserum erwischt, war das eine Ordnungswidrigkeit. Dieser Wert war gesetzlich nicht geregelt, er entsprach vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 11.04.2019, 3 C 13.17). Kamen zusätzlich noch Ausfallerscheinungen hinzu oder wurden andere Menschen gefährdet, dann lag schon eine Straftat vor. Probleme mit der Fahrerlaubnisbehörde waren zudem vorprogrammiert, da schon bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung und der Entzug der Fahrerlaubnis drohten.

Eine vom Bundesverkehrsministerium beauftragte Expertenkommission aus Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen hat empfohlen, erst ab einer Konzentration von 3,5 Nanogramm THC im Blut eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit anzunehmen. Das Reaktionsvermögen sei dann vergleichbar herabgesetzt wie bei einem Alkoholeinfluss von 0,2 Promille im Blut. Die Empfehlungen der Expertenkommission führten schließlich zur gesetzlichen Anpassung der Grenzwerte für Cannabis im Straßenverkehr.

Neue Rechtslage

Cannabis im Straßenverkehr als Ordnungswidrigkeit

Wird also eine Person am Steuer kontrolliert, welche weniger als 3,5 ng THC im Blut hat und liegen sonst keine Auffälligkeiten vor, dann bleibt das straffrei.

Liegt der THC-Wert im Blut über 3,5 ng und gibt es sonst keinerlei Besonderheiten, handelt es sich nur um eine Verkehrsordnungswidrigkeit. Die drohende Sanktion ist allerdings nicht unerheblich. Als Ersttäter beträgt das Regelbußgeld 500 Euro und ein Monat Fahrverbot. Hinzu kommen die Eintragung von zwei Punkten in Flensburg. Durch die erforderliche Blutprobe fallen nicht ganz unerhebliche Auslagen und Verfahrenskosten an.

Im Wiederholungsfall erhöht sich das Bußgeld auf 1.000 Euro und es werden drei Monate Fahrverbot und weitere zwei Punkte verhängt. Der dritte Verstoß schlägt dann schon mit 1.500 Euro und weiteren drei Monaten Fahrverbot zu Buche. Zwei weitere Punkte kommen dazu.

Hat die Person nicht nur Cannabis, sondern auch Alkohol konsumiert, erhöht sich das Bußgeld schon beim ersten Verstoß auf 1.000 Euro, beim zweiten Verstoß auf 1.500 Euro und beim dritten Verstoß auf 2.000 Euro. Beim Erstverstoß kommt ein Fahrverbot von einem Monat und bei jedem weiteren Verstoß von drei Monaten hinzu. Die Eintragung von jeweils zwei Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei ist dabei obligatorisch.

THC-Wert & Situation Rechtsfolge Bußgeld Fahrverbot Punkte in Flensburg Zusätzliche Hinweise
< 3,5 ng/ml THC, keine Auffälligkeiten Straffrei Keine Sanktion
> 3,5 ng/ml THC, keine Auffälligkeiten (1. Verstoß) Ordnungswidrigkeit 500 € 1 Monat 2 + Verfahrenskosten für Blutprobe
> 3,5 ng/ml THC (2. Verstoß) Ordnungswidrigkeit,
1. Wiederholungsfall
1.000 € 3 Monate 2
> 3,5 ng/ml THC (3. Verstoß) Ordnungswidrigkeit,
2. Wiederholungsfall
1.500 € 3 Monate 2
> 3,5 ng/ml THC + Alkohol, keine Auffälligkeiten (1. Verstoß) Kombinierter Verstoß 1.000 € 1 Monat 2
> 3,5 ng/ml THC + Alkohol (2. Verstoß) Kombinierter Verstoß,
1. Wiederholungsfall
1.500 € 3 Monate 2

Für Fahranfänger während der Probezeit und für alle jungen Fahrerinnen und Fahrer vor Vollendung des 21. Lebensjahres gilt übrigens nicht nur ein striktes Alkoholverbot, sondern auch das Verbot, ein Fahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis zu führen. Wird ein Wert von einem Nanogramm THC im Blutserum überschritten, wird ein Bußgeld von 250 Euro, verbunden mit der Eintragung von einem Punkt, verhängt.

Cannabis im Straßenverkehr als Straftat

Keine Änderungen gibt es bei der strafrechtlichen Beurteilung für Fahrten unter dem Einfluss von Cannabis. Gemäß § 316 des Strafgesetzbuches wird derjenige bestraft, der unter dem Einfluss berauschender Mittel nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Es handelt sich hier um den Tatbestand der Trunkenheit im Verkehr. Es werden trotz dieses Titels aber nicht nur Alkoholfahrten, sondern auch Drogenfahrten, einschließlich Cannabis, sanktioniert. Allein der nachgewiesene Konsum von Cannabis reicht dafür nicht aus. Vielmehr müssen Ausfallerscheinungen hinzukommen. Zu einer auffälligen Fahrweise gehören zum Beispiel das Fahren von Schlangenlinien, riskante oder leichtsinnige Fahrmanöver, das zu schnelle, aber auch zu langsame, Fahren oder das Missachten von Verkehrsregeln. Liegt eine solche Fahrweise vor und wird THC im Blut festgestellt, dann erfolgt eine strafrechtliche Verurteilung. Das Gesetz sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Beim Ersttäter wird eine Geldstrafe von mindestens 30 bis 60 Tagessätzen, also von einem bis zu zwei Monatseinkommen, verhängt. Bei einer Verurteilung wegen § 316 StGB wird ohne weitere Prüfung angenommen, dass der Verurteilte zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Das regelt der § 69 des Strafgesetzbuches ausdrücklich. Das bedeutet, dass immer die Fahrerlaubnis für mindestens sechs Monate entzogen wird! Gleichzeitig setzt das Gericht eine Sperrzeit fest, vor deren Ablauf keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (hier ist der Unterschied zwischen einem Fahrverbot und einem Fahrerlaubnisentzug genau beschrieben). Zusätzlich werden drei Punkte im Flensburger Fahreignungsregister eingetragen.

Tatbestand Voraussetzungen Strafe Führerschein Punkte Besonderheiten
§ 316 StGB
Trunkenheit im Verkehr
THC im Blut + Ausfallerscheinungen
(z. B. Schlangenlinien, riskantes/zu langsames Fahren)
Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 1 Jahr Entzug der Fahrerlaubnis
+ Sperrfrist für Neuerteilung
3 Ersttäter: Geldstrafe meist 30 – 60 Tagessätze
(= 1 – 2 Monatseinkommen)

Wird ein Fahrzeug unter dem Einfluss berauschender Mittel, also auch von Cannabis, geführt, dann kommt eine Verurteilung wegen der Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß § 315c des Strafgesetzbuches in Betracht, wenn der Fahrer oder die Fahrerin die im Gesetz benannten „sieben Todsünden des Straßenverkehrs“ verwirklicht hat. Dazu gehört, wer grob verkehrswidrig und rücksichtslos

  1. die Vorfahrt missachtet,
  2. falsch überholt,
  3. an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
  4. an unübersichtlichen Stellen zu schnell ist,
  5. an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Fahrbahn einhält,
  6. als Geisterfahrer fährt oder
  7. ein liegengebliebenes Fahrzeug ungesichert lässt und zusätzlich dadurch Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

In einem solchen Fall sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre oder eine Geldstrafe vor. Ein Ersttäter muss mit einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen, also in Höhe von zwei Monatseinkommen, rechnen. Hinzu kommt auch hier, dass das Gesetz von einer Ungeeignetheit zum Fahren von Kraftfahrzeugen ausgeht. Es wird auch in diesem Fall die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrzeit verhängt. Es werden dann auch drei Punkte im Fahreignungsregister eingetragen.

Probleme mit der Fahrerlaubnisbehörde

Neben den Konflikten mit den Strafverfolgungsbehörden kommen dann zusätzlich (!) Probleme mit der Fahrerlaubnisbehörde hinzu. Völlig unabhängig davon, ob jemand eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat begangen hat, überwacht die örtlich zuständige Fahrerlaubnisbehörde immer, ob ein Führerscheininhaber oder eine Führerscheininhaberin überhaupt dazu geeignet ist, am Straßenverkehr teilzunehmen.

In § 13a der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ist geregelt, in welchen Fällen eine Behörde ein ärztliches Gutachten oder eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU) im Zusammenhang mit Cannabis anfordern muss. In der Anlage 4 zur FeV ist genau festgelegt, wann ein Fahrerlaubnisinhaber als geeignet oder ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen angesehen werden kann. So ist bestimmt, dass eine Person, welche von Cannabis abhängig ist, immer als ungeeignet gilt.

Liegen Tatsachen vor, die für eine Cannabisabhängigkeit sprechen, wird die Behörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen. Wird eine Abhängigkeit bestätigt, wird eine vorhandene Fahrerlaubnis entzogen oder ein Antrag auf Neuerteilung wird abgelehnt.

Ein Medizinisch-Psychologisches Gutachten ist beizubringen, wenn nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Abhängigkeit besteht, aber Anzeichen oder Tatsachen für Cannabismissbrauch vorliegen.

Genauso muss ein positives MPU-Gutachten nach einer wiederholten Zuwiderhandlung im Straßenverkehr beigebracht werden. Wird man also zum zweiten Mal mit über 3,5 ng THC im Blut erwischt, ist die Sache mit Zahlung des verhängten Bußgeldes und mit der Ableistung des dreimonatigen Fahrverbotes noch nicht ausgestanden. Nach Abschluss des Bußgeld- oder Strafverfahrens wird sich zusätzlich die Fahrerlaubnisbehörde melden und die Beibringung einer (positiven) MPU anordnen. Wird diese innerhalb der gesetzten Frist nicht vorgelegt, kommt es zur Entziehung der Fahrerlaubnis!

Auslöser / Situation Maßnahme der Behörde Rechtsgrundlage Konsequenz bei negativem Ausgang
Hinweise auf Cannabisabhängigkeit Anordnung eines ärztlichen Gutachtens § 13a Nr. 1 FeV,
Anlage 4 Nr. 9.2.3
Entzug der Fahrerlaubnis oder Ablehnung des Erstantrags
Ärztliches Gutachten bestätigt keine Abhängigkeit, aber Verdacht auf Missbrauch Anordnung einer MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) § 13a Nr. 2a FeV,
Anlage 4 Nr. 9.2.1
Bei negativer MPU oder Nichtvorlage: Entzug der Fahrerlaubnis
Wiederholte Zuwiderhandlung
(z. B. zweites Mal >3,5 ng/ml THC im Blut)
Anordnung einer MPU § 13a Abs. 2
Nr. 2b FeV
Bei negativer MPU oder Nichtvorlage: Entzug der Fahrerlaubnis

Fazit

Nur in Ausnahmefällen wird der Konsum von Cannabis im Straßenverkehr sanktionslos bleiben. Der straflose Grenzwert ist relativ gering. Neben erheblichen Bußgeldern und hohen Strafen droht spätestens im Wiederholungsfall die Anordnung zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens und/oder einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung. Im Ergebnis droht die behördliche Entziehung der Fahrerlaubnis!

Unsere Kanzlei für Verkehrsrecht in Leipzig berät Sie kompetent bei sämtlichen Fragen rund um THC-Grenzwerte, MPU-Anordnungen und den Entzug der Fahrerlaubnis. Wir kennen die aktuelle Rechtslage und die Spielräume – und setzen uns konsequent für Ihre Rechte ein.

Wenn Sie Ärger mit Cannabis im Straßenverkehr haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf, bevor behördliche Entscheidungen unumkehrbar werden!